Der Chef des Organisationskomitees für Tôkyô 2020, Mori Yoshiro (83), muss sich am kommenden Freitag auf einer außerordentlichen Sitzung von Vorstand und Aufrichtsrat des Komitees verantworten. Ob er im Amt bleiben kann, ist angesichts der heftig widersprechenden Sponsoren fraglich. Unter Druck geraten aber auch Funktionärskollegen wie JOC-Präsident Yamashita, der gegen die Bemerkungen Moris während einer Sitzung des Japanischen Olympischen Komitees nicht einschritt. Und diejenigen aus Politik und Wirtschaft, die Mori nun versuchen zur Seite zu eilen, machen alles nur noch schlimmer.
#Tokyo2020-OK-Chef #YoshiroMori fiel zuletzt (nicht zum ersten Mal) durch ein sexistisches Weltbild auf. In #Japan folgte Aufregung, nun auch der Ruecktritt Moris. Fuer #Olympics in #Tokio gibts jetzt also auch noch eine Fuehrungskrise.https://t.co/cnvWBkjorp#genderequality
— Felix Lill (@FelixLill) February 11, 2021
Der Sexismus-Skandal um Mori Yoshirô, Chef des Organisationskomitees für die Olympischen und Paralympischen Spiele in Tôkyô wird Thema einer außerordentlichen gemeinsamen Sitzung von Vorstand und Aufsichtsrat des Organisationskomitees am 12. Februar. Themen der Sitzung sind, wie die Tageszeitung Asahi Shimbun (09.02.2021) aus Kreisen des Organisationskomitees erfahren haben will, die sexistischen Bemerkungen des OK-Chefs Mori und die Frage, wie die Olympia-Organisatoren auf die weltweite Kritik daran reagieren wollen.
Nach Angaben von Insidern werde sich Mori bei der Sitzung abermals für seine vormodern anmutenden Äußerungen zur Rolle von Frauen in Führungsgremien entschuldigen. Das Organisationskomitee wolle die für viele Menschen weltweit nur mehr wie Hohn klingende Losung dieser Spiele – „Einklang in Vielfalt“ (tayôsei to chôwa 多様性と調和) – bekräftigen. Wenig spricht dafür, dass Mori - der seinen Rücktritt unmittelbar nach Bekanntwerden der Äußerungen nach eigenen Angaben bereits angeboten habe und von Komiteekollegen zum Bleiben überredet worden sei - nach der Sitzung noch im Amt sein, vieles dafür, dass er abgelöst werden wird.
Der organisierte Sport ist längst auf Distanz zu Mori gegangen, aber nicht ohne sich dabei in Widersprüche zu verstricken. Der Präsident des Olympischen Komitees für Japan (JOC), Ex-Judo-Weltmeister und Olympiasieger Yamashita Yasuhiro 山下 泰裕, wies laut dem Fernsehsender NHK die Äußerungen Moris einerseits mit deutlichen Worten zurück. "Ich betone nochmals, dass dies äußerst unangemessen war und gegen den olympischen Geist verstoßen hat, der jede Form der Diskriminierung verbietet", sagte Yamashita, dessen Judo-Verband 2013 selbst von einem epischen Gewaltskandal gegen weibliche Judoka erschüttert wurde. Andererseits vermochte der Sportfunktionär jedoch nicht überzeugend zu erklären, warum er während der fraglichen JOC-Sitzung am 3. Februar, auf der Moris Entgleisung noch mit (nahezu) allgemeinem Gelächter bedacht worden war, nicht sofort gegen den Ex-Premierminister einschritt. Er habe bedauerlicherweise im Fortgang der Sitzung, in der nach Moris diskriminierenden Äußerungen verschiedene andere Themen behandelt worden seien, den geeigneten Zeitpunkt zur Intervention verpasst, sagte Yamashita nun.
Ein Grund, der für die bevorstehende Ablösung spricht: die Sponsoren sind alles andere als amüsiert. Ein Dutzend Unternehmen unter den offiziellen Tôkyô 2020-Partnern haben sich kritisch zu Moris frauenfeindlichem Ausfall geäußert, wie der Fernsehsender TBS berichtet. Auf eine NHK-Anfrage meldeten darauf sogar mehr als die Hälfte aller 70 Sponsoren zurück, dass sie solche "Äußerungen nicht tolerieren können" (hatsugen yônin dekinai 発言容認できない). Ohnehin haben viele Werbepartner ihr Ende vergangenen Jahres vertraglich ausgelaufenes Engagement nur zähneknirschend verlängert, da das Geschäft mit Olympia sich längst als unternehmerischer Reinfall herausgestellt hat. Und nun auch noch die katastrophale Außendarstellung der Olympia-Organisatoren und Sportfunktionäre.
Unterdessen verschlimmern Politiker und Wirtschaftsvertreter, die Mori beispringen, den Skandal noch weiter. So sagte Nakanishi Hiroaki 西宏明, Chef der Japan Business Federation (Keidanren), laut der Zeitung Mainichi Shimbun, Mori habe doch nur ausgedrückt, wie man in Japans Gesellschaft wirklich denke. Die negativen Reaktionen in Sozialen Medien darauf seien hingegen beängstigend. Mori als Opfer!
Und die Nummer zwei der dauerregierenden Liberaldemokratischen Partei, Nikai Toshihiro 二階 俊博, versuchte den Skandal kleinzureden, indem er Mori zum Durchhalten ermunterte und den Exodus der freiwilligen Helfer, über den zuvor berichtet worden war, auf einer Pressekonferenz am 8. Februar als Überreaktion darstellte. Die Freiwilligen würden ihre Meinung ändern, sobald sich die Situation wieder beruhigt habe, so Nikai laut der Nachrichtenagentur Kyôdô.
森会長発言 スポンサー70社にNHK取材 36社「発言容認できず」(9日午後8時時点)https://t.co/ik8qUpPf7W
— NHKニュース (@nhk_news) February 9, 2021
森会長発言、スポンサー企業から苦言続出 各社まとめ https://t.co/s5nDfTKLoe #tbs #tbs_news #japan #news
— TBS NEWS (@tbs_news) February 9, 2021
The head of Keidanren, Japan's powerful business lobby, told reporters yesterday he felt Mori's comments revealed the truth about Japanese society but said social media was terrifying when asked about criticism on social networks https://t.co/Ugl0PZMJ0o
— Mari Saito (@saitomri) February 9, 2021
Japan Business Federation (Keidanren) chief Hiroaki Nakanishi states regarding Yoshiro Mori's sexist comments, "I get the feeling that he simply expressed the real views of Japanese society." Nakanishi also says that the social media criticism of Mori is "scary." (MP) #Sexism
— SNA Japan (@ShingetsuNews) February 9, 2021
Nikai, the ruling party's secretary-general, said, "It's such a (trivial) thing," referring to the fact that a number of volunteers have withdrawn due to Mori's sexist remarks.#Tokyo2020 #sexism #AbolishtheOlympics https://t.co/TqGbJsWUcY
— 反五輪の会 NO OLYMPICS 2020 (@hangorinnokai) February 9, 2021
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