Nach einem eklatanten Anstieg der Corona-Zahlen Ende vergangenen Jahres erklärte die japanische Regierung Anfang Januar für die Hauptstadtregion sowie eine Reihe weiterer Präfekturen den Notstand. Damit sollte auch den sich mehrenden Rufen nach einer Absage der Olympischen und Paralympischen Spiele begegnet werden. Mittlerweile ist die Zahl der Neuinfektionen deutlich zurückgegangen, noch immer hoch aber ist die Zahl der schwer Erkrankten und der Verstorbenen. Nun kündigte die Regierung die Verlängerung der Maßnahmen um einen weiteren Monat an. Notstand in Japan - was heißt das eigentlich?
At a press conf, one asked "In Japan, vaccination hasn't yet started and the number of tests is insufficient. Is it right to force the Olympics? Don't the ppl want the government to concentrate on corona-measures?" PM answered nothing about the Olympics. https://t.co/hryFydHRri
— 反五輪の会 NO OLYMPICS 2020 (@hangorinnokai) February 2, 2021
Für verbindliche Maßnahmen wie Lockdowns und Ausgangssperren zur Pandemie-Bekämpfung fehlen in Japan nach Meinung von Rechtsexperten die rechtlichen Voraussetzungen, sie seien in der Verfassung nicht vorgesehen (vgl. Tanaka 2020). Beruhend auf dem "Gesetz über Sondermaßnahmen" (tokubetsu sochi-hô 特別措置法) gibt die Regierung den einzelnen Präfekturen mit der "Erklärung des Notstandes" (kinkyû jitai sengen 緊急事態宣言) die Möglichkeit, vor allem über dringende Gebote Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Am 7. Januar gab Premierminister Suga Yoshihide bei der Erklärung des Notstandes für den Großraum Tôkyô und weitere Präfekturen vier konkrete Einzelmaßnahmen bekannt.
- Restaurants und Lokale werden angewiesen, die Geschäftszeit zu verkürzen, sie soll um 20 Uhr enden.
- Durch den Aufruf zum "Telework" (Homeoffice) soll die Zahl der ins Büro gehenden Beschäftigten um 70 Prozent gesenkt werden.
- Die Bevölkerung wird ersucht, nach 20 Uhr auf nicht notwendiges Verlassen der Wohnungen im Sinne einer freiwilligen Selbstbeschränkung (jishuku自粛) zu verzichten.
- Zugangsbegrenzungen für Sport- und Kulturveranstaltungen.
Zum ersten Punkt erläuterte Suga laut dem öffentlich-rechtlichen Fernsehsender NHK:
"Eine deutliche Verkürzung der Betriebszeiten von Lokalen beinhalte die Aufforderung, um 20 Uhr zu schließen und nach 19 Uhr keinen Alkohol mehr auszuschenken. Die Gouverneure der betreffenden Präfekturen haben mit den hiermit getroffenen Maßnahmen die Möglichkeit, die Namen von Lokalen, die der Aufforderung nicht folgen, öffentlich bekannt zu machen." Nach Tanaka (ebd.) ist eine derartige Aufforderung rechtlich als Anweisung (shiji 指示) zu verstehen. Sie ist zwar rechtsverbindlich, aber nicht strafbewehrt.
Betriebe, die bereits länger als einen Monat die Kürzung der Betriebszeiten praktizieren und die deshalb in schwere wirtschaftliche Fahrwasser geraten sind, haben im Gegenzug Anspruch auf ein sogenanntes „Kooperationsgeld“ (kyôryoku kin 協力金), also staatliche Unterstützung bis zu einer Höhe von 1,8 Millionen Yen (ca. 14.000 Euro) .
Den Aufruf zur Ausweitung der Tele-Arbeit begründete Suga so:
„Wenn man ins Büro geht, finden automatisch mehr Essen oder Konferenzen mit Kollegen statt. Solche Gelegenheiten sollten möglichst verringert werden. Daher möchte ich um eine Reduzierung der ins Büro gehenden Beschäftigten um 70 Prozent bitten. Damit in Großstädten wie auf dem Land die selben Arbeitsbedingungen herrschen, fördern wir erneut die im vergangenen Jahr implementierten neuen Arbeitsmethoden und unterstützen verstärkt den Ausbau der Tele-Arbeit.“
Bildungseinrichtungen, so Suga weiter, sollten offengehalten werden. Es gebe keine Hinweise, dass von diesen ein deutliches Verbreitungsrisiko des Virus ausgehe. Kindergärten und Schulen sollen uneingeschränkt geöffnet bleiben. Universitäten werden gebeten, Präsenzunterricht und Online-Unterricht sinnvoll zu kombinieren.
Zuletzt sei die Arbeitslosenquote auch aufgrund der seit fast einem Jahr herrschenden Pandemie auf 2,9 Prozent gestiegen, so Suga. Dies sei zwar unter den führenden Industrienationen immer noch die mit Abstand niedrigste Arbeitslosenquote. Dennoch fühle sich die Politik verpflichtet, auf den Schutz der Beschäftigung im Land zu achten. „Der Bestand an Arbeitsplätzen hat auch weiterhin oberste Priorität für uns“, so der Premierminister.
Darüber hinaus gewährt die Regierung Teilzeitarbeitern oder nicht regulär beschäftigten Arbeitnehmern eine Unterstützung von bis zu 15.000 Yen pro Tag, die allerdings bei 1,4 Millionen Yen gedeckelt ist, also bis etwa drei Monate lang bezahlt werden kann. Zudem forderte der Premier Betroffene auf, von den Möglichkeiten zins- und sicherheitsfreier Kleinkredite Gebrauch zu machen.
Quelle:
Literatur:
新型コロナウイルス対策の特別措置法に基づく緊急事態宣言について、菅総理大臣は栃木県は解除し東京や大阪などの10の都府県は来月7日まで延長することを表明しました。https://t.co/N79UOobd9k
— NHKニュース (@nhk_news) February 2, 2021
#nhk_news #nhk_video pic.twitter.com/HvJwByo4Tp
【速報】
— 時事ドットコム(時事通信ニュース) (@jijicom) February 2, 2021
国内で1日当たり最多となる119人の新型コロナウイルス陽性者の死亡が確認された https://t.co/PZVtYgzOBL
【LIVE】菅首相 緊急事態宣言「感染状況が改善すれば、3月7日を待たずに順次解除」
— 東京新聞編集局 (@tokyonewsroom) February 2, 2021
新型コロナウイルス感染症対策本部で、緊急事態宣言の期限を10都府県で3月7日まで延長すると決定。菅首相は「感染状況が改善した都府県は、3月7日を待たずに解除する」と述べたhttps://t.co/nrq6gKeVYe
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